Vor einiger Zeit bekam ein älteres Mütterlein eine Einladung von höchster Stelle, vom lieben Gott persönlich.
Sie solle sich doch bitteschön auf den Weg in den Himmel machen, den sie hundertfach verdient hätte.
Der Himmel liegt sehr weit oben, viel weiter als die Wolken und auch weiter als die Sterne, die in der Nacht so herrlich glitzern und blinzeln. ![]() Er liegt so weit oben über uns, so dass kein Fernrohr, oder Spiegelteleskop ihn jeweils erreichen wird. Aber für unsere Seelen und Herzen, ist er sichtbar. Die Frau machte sich auf den Weg, denn den Himmel zu sehen, ist für einen Menschen das Schönste, was er sich vorstellen konnte. Sie sah die alte Turmuhr, sah die Turmspitze und sah, als sie hinab blickte, die in sanfter Dunkelheit liegende Kleinstadt, in der sie sich so wohl gefühlt hatte. Sie sah, wie eine Mutter ihr Kind zudeckte und dabei lächelte. Sie sah, wie der Bauer mitten in der Nacht aufstand, um nach dem Pferd zu sehen, dass sich nicht wohl fühlte. Sie sah den Bettler auf einer Bank schlafen, zugedeckt mit alten Zeitungen, sie zupfte ihm eine Seite richtig, damit kein so leiser Windhauch seinen Schlaf stören sollte Die Stadt wurde kleiner und kleiner. Sie näherte sich den Wolken, jenem Gebilde, welches die Erde immer mit Feuchtigkeit versorgte. Jenem Gebilde, das mit sich spielen und sich vom Wind in alle Richtungen treiben ließ. "Wir sind verantwortlich für die Menschen", ein Schäfchen hatte sie angesprochen, "ohne uns würde die Menschheit verhungern und auch verdursten". Die alte Frau lächelte der Schäfchenwolke zu. "Aber du alleine kannst nichts ausrichten" "Wir sind eine große Gemeinschaft", antwortete das Schäfchen selbstbewusst, "nur im Zusammenbund mit unseren größeren Brüdern und Schwestern können wir den nassen Segen über das Land verteilen.". "Aber dabei verdeckt ihr die Sonne", das ältere Mütterchen nickte dem Schäfchen zu. "Ja ich weiß, es geht nur eine Sache, entweder lassen wir die Sonne mit ihrem Lebenslicht passieren und ziehen uns zurück, oder wir verdecken die Lichtstrahlen und spenden Wasser", das Schäflein wurde etwas größer. "Du hast dich aufgebläht, du willst den Menschen Regen bringen"? "Nein, es wird bald der Morgen mit seinem sanften Licht anbrechen, wenn uns die Menschen morgens sehen, geht es vielen von ihnen besser, dann fühlen sie den Tag". Das alte Mütterlein fand diese Aussage beeindruckend. "So habe ich es noch nie betrachtet" "Wir entschweben Richtung Himmel, um der Sonne Platz zu schaffen, ihr Licht über die Erde auszubreiten", das Schäfchen entfernte sich etwas nach oben, die alte Frau folgte ihm mühelos. "Aber wenn ihr euch zu dunklen Wolken zusammengeschlossen habt, verdunkelt ihr ihr Licht, es kann die Menschen nicht mehr erreichen". "Natürlich", das Schäfchen kam langsam in Fahrt, "wie ich schon sagte, es geht nur eins, Regen, oder Sonnenschein. "Könnt ihr nicht ein Zeichen setzen?" "Wie meinst du das, ein Zeichen?" "Ein Zeichen voller Farben, etwas woran man die einzelnen Farben des Sonnenlichts sehen kann. Und ihr könnt weiter Regen machen, gleichzeitig aber zeigen, dass die Sonne noch da ist" Das Schäfchen dachte eine Weile nach. "Das wird schwierig werden", meinte es nach einer Weile, "denn wenn es regnet, können die Strahlen unserer Sonne die Erde nicht erwärmen. Es folgte eine längere Pause. Da Mütterchen sah sich unterdessen auf der Wolkenwiese um. Sie sah winzige glitzernde Kristalle um sich und von überall war ein ständiges leises Knistern, als wenn sich die Kristalle miteinander unterhielten. "Es glitzert so schön bei euch auf der Wolkenwiese", meinte sie zum Schäfchen, was haben die Kristalle denn für Aufgaben?" Die Schäfleinwolke schaute verdutzt auf die Wiese, als wenn sie zum ersten Mal diese prachtvolle Erscheinung sehen würde. "Ach die?", das Schäflein zuckte mit den Schultern; "die entstehen bei uns, wie bei euch die Blumen auf der Erde. Wir sind sie gewohnt, wir sehen sie kaum noch." Das Schäfchen kratzte sich an einem Wolkenbaum und schaute gebannt auf die glitzernde Wiese. Das Mütterchen sah, wie sich der Wolkenchef intensiv mit den Kristallen unterhielt, unterbrochen von gelegendlichem Klirren und Knistern. Dann kam Bewegung in die Kristalle, unterstützt vom himmlichen Wind verdichteten sie sich und langsam aber sicher wurde ein regelrechter Farbenteppich daraus. "Es funktioniert", strahlte das Schäflein die alte Frau an, "die Kristalle bündeln und leiten das Sonnenlicht auf die Erde, in Millionen von Farben. Wer sie sieht, kann eine Brücke erkennen, ein Anfang und ein Ende. Träume können hin und hergeschickt werden. Es soll der Regenbogen die Menschen daran erinnern, dass auch hinter den Wolken das Licht ist und über allem die Sonne scheint." "Wenn man sich an den Anfang setzen könnte, das wäre wunderschön" das Mütterlein seufzte, schaute sich noch ein Weilchen die Farbenpracht an und setzte schliesslich seinen Weg fort. Ich bedanke mich bei Sönke, der mir die Erlaubnis gab, diese Geschichte auf meiner Website zu veröffentlichen. Nachtrag Leider ist Sönke am 24. Janaur 2009 verstorben. Wir trauern sehr um unseren Freund Ich bin froh und dankbar, dass ich mit dieser Geschichte eine so schöne Erinnerung an ihn in meiner Sammlung habe. |
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