Frühlingsabend

Der helle Maitag geht gemach zu Ende;
Die dunkelgrauen Frühlingswolken ziehn
In erster Dämm'rung über die Gelände,
Wo Veilchen suchend noch die Kinder knien.

In allen Gärten flöten hell die Stare;
In unbelaubten Wipfeln rauscht der Wind,
Das wühlt wie Kinderhand in meinem Haare, —
Ich atme tief. — Wie grün die Wiesen sind!

Die Frühlingssehnsucht dieser Abendstunde,
Zu alten Träumen kehrt sie still zurück, —
Und ruft und lockt mit jugendrotem Munde:
Die Veilchen blühn. Blüh' auf, verdorrtes Glück!


Agnes Miegel
(9. März 1879 - 26. Oktober 1964)

© by agnes

Ich bedanke mich beim Deutsche Literaturarchiv, Marbach am Neckar, die mir gestatteten, dieses Gedicht auf meiner Website zu veröffentlichen.

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