Süße Ruh, süßer Taumel im Gras.
Von des Krautes Arome umhaucht,
Tiefe Flut, tief, tief trunkne Flut,
Wenn die Wolk am Azure verraucht,
Wenn aufs müde schimmernde Haupt
Süßes Lachen gaukelt herab,
Liebe Stimme säuselt und träuft
Wie die Linden blüht
Wie die Lindenblüt auf ein Grab.
Wenn im Busen die Toten dann,
Jede Leiche sich streckt und regt,
Leise, leise den Odem zieht.
Die geschlossene Wimper bewegt
Tote Lieb, tote Lust, tote Zeit,
All die Schätze im Schutt verwühlt,
Sich berühren mit schüchternem Klang
Gleich dem Glöckchen, vom Winde umspielt
Stunden, flüchtiger ihr als der Kuß
Eines Strahls auf den trauernden See
Als des ziehenden Vogels Lied,
Das mir nieder perlt aus der Höh'.
Als des schillernden Käfers Blitz,
Wenn den Sonnenpfad er durcheilt,
Als der heiße Druck einer Hand
Die zum letzten Male verweilt.
Dennoch, Himmel, immer mir nur
Dieses eine mir: für das Lied
Jedes freien Vogels im Blau
Eine Seele, die mit ihm zieht,
Nur für jeden kärglichen Strahl
Meinen farbig schillernden Saum.
Jeder warmen Hand meinen Druck,
Und für jedes Glück meinen Traum.
Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) |