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Sonntag, 18.09.2005 Ziemlich früh wurden die Koffer abgeholt und für uns zum Flughafen gebracht und eingecheckt. Wir mußten uns beeilen, damit wir unseren morgendlichen Verdauungs-Whisky vorher tranken, denn der Whisky durfte nicht im Handgepäck transportiert werden. Uns wurde gesagt, wenn wir Alkohol im Handgepäck hätten, müßten wir ihn bei der Kontrolle entweder ausschütten oder auftrinken. Beides schien uns keine annehmbare Lösung zu sein. Den Whisky tranken wir deshalb, weil es als bewährtes vorbeugendes Mittel gegen Magen- und Darmerkrankungen in fremden Ländern gilt, vorbeugend einen Schluck Whisky auf nüchternen Magen zu trinken. Das praktizierten wir täglich, und um unser Wohlbefinden zu erhöhen tranken wir sicherheitshalber abends auch noch einen klitzekleinen Verdauungs-Whisky. Wir verbrachten den Tag noch in Xi'an, denn der Flug war erst abends. Wir fuhren zur Wildganspagode dem Wahrzeichens Xi'ans. Gesehen und bewundert hatten wir sie am Abend des Vortages ja schon beim Feuerwerk und den Wasserspielen.
Die große Wildganspagode war ursprünglich ein Tempel aus der Sui-Dynastie, welcher im Jahre 647 von Kaiser Gaozong (Tang-Dynastie) zu Ehren seiner Mutter ausgebaut wurde. In diesem Tempel lebte der Mönch Xuan Zang. Er war 17 Jahre durch Indien gereist und hatte dort den Buddhismus kennen gelernt. Die buddhistischen Schriften, welche er von dieser Reise mitgebracht hatte, übersetzte er in diesem Tempel. Der Tang-Kaiser Taizong unterstützte ihn finanziell, so daß Xuan Zang 74 heilige Schriften aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzen konnte, was maßgeblich zur Ausbreitung des Buddhismus in China beitrug. Wu erzählt uns an diesem Morgen sehr viel über die Geschichte dieser Pagode und den Buddhismus, wie er uns überhaupt sehr viel über die chinesische Geschichte erzählt hat. Wir bewunderten immer wieder sein umfangreiches Wissen. Seine Worte und Erklärungen zum Buddhismus haben mich sehr interessiert und beeindruckt.
Der Buddhismus entwickelte sich ursprünglich auf dem indischen Subkontinent. Im Hinblick auf seine Ursprünge und auf das auch heute zu findende Zulassen anderer Glaubensrichtungen einiger buddhistischer Schulen kann der Buddhismus nicht nur als Religion, sondern auch als Weltanschauung bzw. Philosophie oder Weisheitslehre verstanden werden. Erst Buddhas Nachfolger haben aus der ursprünglich philosophischen Lehre, die keinen Gott, keine Seele, keine Wiedergeburt, keine Kasten und keine sozialen Unterschiede kennt, eine Lehre unter religiösen Aspekten gemacht. Im Laufe der Zeit und durch Vermischung mit Religionen und Philosophien in den Regionen, in die sich der Buddhismus verbreitete, entwickelten sich viele religiöse Elemente des Buddhismus, wie er heute bekannt ist. Buddha war weder ein Gott noch der Überbringer einer göttlichen Wahrheit, sondern er stellte klar, dass er die Lehre, Dhamma (Pali) bzw. Dharma (Sanskrit), nicht aufgrund göttlicher Offenbarung erhalten, sondern vielmehr durch eigene meditative Schau ein Verständnis der Natur, des eigenen Geistes und der Natur aller Dinge erkannt hatte.
Diese Erkenntnis ist jedem zugänglich, wenn er seiner Lehre und Methodik folge. Dabei ist die von ihm aufgezeigte Lehre nicht dogmatisch zu befolgen. Im Gegenteil warnte er vor blinder Autoritätsgläubigkeit und hob die Selbstverantwortung des Menschen hervor. Er verwies auch auf die Vergeblichkeit von Bemühungen, die Welt mit Hilfe von Begriffen und Sprache zu erfassen und mahnte zur Skepsis gegenüber dem geschriebenen Wort oder feststehenden Lehren, die in anderen Religionen in dieser Radikalität kaum anzutreffen ist. Um den Buddhismus in seinen Grundzügen besser zu verstehen, hier eine Kurzform von der Lehre und Lebensgeschichte Buddha's.
Ziel eines Buddhisten ist es, sich durch ethisches Verhalten und die Entwicklung von Mitgefühl und Weisheit, vom ewigen Kreislauf des Leidens (Samsara) zu befreien und in den erleuchteten Zustand des Nirwanas einzutreten. Das Nirwana ist nicht ein Ort, es ist ein Zustand, in dem es kein Leid mehr gibt. Die Leute, die das Nirwana erreichen, heißen Buddha. Um das Nirwana zu erleben, müssen wir das Karma durch positive Taten erfüllen. Das Nirwana (wörtl. das Erlöschen), bildet das höchste und letzte Endziel allen buddhistischen Strebens. Nirwana kann letztlich mit Worten nicht beschrieben werden, es kann nur erlebt und erfahren werden, als Folge intensiver meditativer Übung und Erkenntnis. Es ist auch kein Ort, nicht vergleichbar mit Paradies-Vorstellungen anderer Religionen. Es ist kein Himmel und keine greifbare Seligkeit in einem Jenseits. Nirvana ist ein Abschluss, kein Neubeginn in einer anderen Sphäre. Auch ist Nirwana nicht gleichbedeutend mit Tod.
Die tiefe Gläubigkeit der chinesischen Buddhisten, die Art wie sie in den Tempeln beteten, wie sie selbstvergessen, trotz der vielen Besucher niederknieten, ihre Räucherstäbchen opferten, Kerzen anzündeten, das alles und Wus Erklärungen zum Buddhismus haben mich stark beeindruckt. Es fiel mir bei allen Tempeln, nicht nur hier bei der Wildganspagode in Xi'an, immer wieder auf, dass die Buddhistischen Mönche größtenteils sehr jung waren, und eine tiefe innere Zufriedenheit ausstrahlten. Eine erstrebenswerte innere Zufriedenheit. (Die betenden Mönche und Menschen habe ich aus ethischen Gefühlen nicht photographiert.)
Der Name Wildganspagode geht auf eine indische Legende zurück, hier eine kurze Beschreibung der Legende: "Einst gab es ein Kloster des Hinayana-Buddhismus, in welchem Mönche auch Fleisch essen durften. Eines Tages gingen die Fleischvorräte zu Ende und einer der Mönche rief; "Wir haben kein Fleisch mehr, und Buddha sollte das wissen". In diesem Moment fiel eine Gans aus einer Schar Wildgänse, die gerade über das Kloster flogen, tot vom Himmel. Die erschrockenen Mönche - im Glauben, Buddha selbst habe sich geopfert - errichteten der Gans eine Pagode".
Die Große Wildganspagode von Xi'an ist 64 m hoch und kegelförmig gebaut, jede der vier Grundlinien ist 25 m lang. Sie besteht aus 7 Stockwerken. Im Inneren befindet sich eine Holztreppe, auf welcher man in die 7 Stockwerke gelangen kann und (bei klarer Luft) eine gute Aussicht genießt. Betreten konnten/durften wir sie leider nicht, weil sich das Gebäude in den letzten Jahren ein wenig gesetzt hat. Die Pagode steht somit leicht schief, und wurde zur Sicherheit gesperrt.
Neben der Pagode befinden sich in der Tempelanlage Haupt- und Nebenhallen und ein Glocken- und Trommelturm. In den Hallen sind eine Reihe buddhistischer Kostbarkeiten wie Jadereliefs, Steinskulpturen und Buddha Darstellungen ausgestellt.
Die Pagode ist umgeben von einer wunderschönen Parkanlage. Wir trennten uns für eine Stunde und jeder hatte die Möglichkeit alleine (oder mit mehreren) diese bezaubernde Gartenanlage zu durchwandern. So konnte jeder seinen eigenen persönlichen Interessen nachgehen.
Danach stand ganz profan wieder Kommerz auf dem Programm. Ich befand mich noch zu sehr unter dem Eindruck der Pagode so dass mir die Besichtigung der Jadeschleiferei zu diesem Zeitpunkt keine große Freude bereitete. Hübsche Dinge konnten gekauft werden, und wurden gekauft. Ich widerstand den durchaus attraktiven Angeboten ganz cool, ich war gedanklich noch beim vorigen Programmpunkt.
Als nächstes stand der Besuch der großen Moschee an. Xi'ans Muslimisches Viertel beherbergt die 1250 Jahre alte Große Moschee. Das Gebäude ist dem chinesischen Baustil angepasst und von Gärten umringt. Die Moschee von Xi'an ist eine der größten Chinas. Der Vorhof ist für die Öffentlichkeit zugänglich, die Gebetsräume sind den Muslimen vorbehalten.
Bei der Moschee handelte es sich um ein sehr schönes Bauwerk. Inzwischen hatten wir so viel Tempel, Pagoden und Gebäude gesehen, dass wir Probleme bekamen sie auseinander zu halten. Aber es gibt ja Photos.
Um zu der Moschee zu gelangen mussten wir durch eine lange Shopping Gasse mit vielen Marktständen. Wu hatte uns im Vorfeld darauf aufmerksam gemacht, das die Gasse sehr eng ist und wir aufpassen sollten mit Taschen und Rücksäcken. Wenn jemand aus Versehen etwas von den Tischen stößt will der Verkäufer in der Regel das Teil bezahlt haben. Und entgegen der sonstigen Bereitschaft zum Handeln besteht dann keine Möglichkeit zur Preissenkung, dann wird der volle Preis verlangt.
Beim Gang zur Moschee waren die Verkäufer recht zurückhaltend, aber beim Zurückgehen wurden wir von allen Seiten bestürmt. Ansichtskarten, die es übrigens nur in 10er Päckchen zu kaufen gab, Souvenirs vom Fächer über eine deutsche Mao Bibel bis hin zu den originellsten Fahrradklingeln, es gab nahezu alles.
Mitunter wurde mir die "Aufdringlichkeit" der Verkäufer sehr lästig. Sobald man einen Blick auf einen Gegenstand warf, wurde man gleich mit Angeboten in nicht verständlichen Worten überschüttet. Ich gewöhnte mir bei solchen Gelegenheiten an, möglichst keinen Blick auf die Verkaufstische zu werfen um Ruhe zu haben.
Wu kaufte in einer Bäckerei Mondkuchen für alle, denn in China war an diesem Tag Mondfest und da wird traditionsgemäß Mondkuchen gegessen. Die Chinesen feiern am 15. Tag des achten Mondmonats (ungefähr im Sept.) das Mondfest. An diesem Tag erscheint der Vollmond so groß und hell strahlend wie in keinem anderen Monat des Jahres. .. Das Mondfest ist ein Fest der Familie und man beschenkt sich mit Mondkuchen. Im chinesischen Kalender gehört das Mondfest zu den 3 bedeutendsten Festen. Die Mondkuchen werden kaum noch selbst gebacken. Man bekommt sie in verschiedenen Ausführungen zu kaufen. Wir aßen aufgrund des reichhaltigen Vormittagsprogramms sehr spät zu Mittag. An diesem Tag war ein spezielles Essen geplant, jeder bekam einen Topf und musste gewissermaßen selber kochen. Es wurde ähnlich wie Fondue zubereitet. Die Gemüse und Fleischstückchen wurden in einer Brühe gegart und die Brühe konnte anschließend als Suppe gegessen werden. Wie ich schon mal erwähnte, essen die Chinesen die Suppe als letztes.
Als Appetitanreger aßen wir den Mondkuchen (Yuebing) von Wu. Mondkuchen ist ein Kuchen mit Zucker, Fett, Sesam, Walnuß, Eidotter, Schinken und anderen Komponenten als Füllung. Schon einige Wochen vor dem Mondfest werden die verschiedenartigen Sorten des Mondkuchens auf den Markt gebracht. Ein wenig erinnerte mich das Gebäck an unsere Weihnachtsplätzchen, ein Bildmotiv an der Oberseite und im Inneren eine Fruchtfüllung. ![]() Photos Mondkuchen Auf dem Weg zum Flughafen hielten wir noch an der Hanyang-Grabstätte: Das Mausoleum Hanyang des Han-Kaisers Jing Di wurde im Jahr 2001 eröffnet und ist das besterhaltenste Mausoleum der Han-Dynastie. Brigitte und ich gingen nicht hinein. Das Wetter war so wunderschön und rund um das Gebäude waren die herrlichsten Rosenfelder. Ich konnte nicht widerstehen, und musste meine Makrosucht bei den Rosen austoben.
Und da Brigitte sich so dekorativ auf die Bank gelegt hatte, entstand dann ein schönes Photo von ihr in all den Rosen.
Abends flogen wir weiter nach Shanghai und wurden am Flughafen von dem ortsansässigen Reiseleiter Leo begrüßt. Die zwei Tage in Xi'an waren wunderschön, die Stadt hat mir ausgesprochen gut gefallen, und das nicht einmal wegen der bekannten Terrakotta Armee. Das Mondfest (die Veranstaltung am Vorabend) und die Wildganspagode haben mein Herz berührt und auf eine neue Art für China geöffnet. |
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