24 Wochen – 24 Uhren / Tick -Tack 6


Wir bleiben in Münster.

Die Uhr am Turm der St. Lamberti Kirche

Am Turm, direkt über der Uhr hängen drei Käfige, in denen der Bischof die Leichname der Wiedertäufer-Anführer nach ihrer Hinrichtung 1536 zur Schau stellte.

Ein paar Sätze zu den Wiedertäufern:
Die Täufer betrachteten sich als wahre Nachfolger der Israeliten, die Gott in einem neuen Jerusalem versammeln wolle.
Dieses Jerusalem hieß in diesem Fall eben Münster.

Sie errichteten eine neue Glaubensbewegung in Münster das „Neue Jerusalem“ und propagierten, dass sich nur mündige Christen bewusst zur Taufe entscheiden könnten. Daher sei die Kindstaufe ungültig und müsse im Erwachsenenalter wiederholt werden.

Die Stadt veränderte in der Folge ihr Gesicht. Es kam zu Bilderstürmen und Zerstörungen in Kirchen und Klöstern. Alles Silber und Gold wurde geplündert und zusammengetragen. Klöster wurden aufgelöst, Nonnen zwangsverheiratet und alle Andersgläubigen enteignet sowie aus der Stadt vertrieben.

Fürstbischof Franz von Waldeck ließ die Stadt belagern, er hatte einen Belagerungsring um die Stadt geschlossen.
Die Belagerung führte bald zur Hungersnot. Nach anderthalb Jahren der Belagerung wurde Münster am 24. Juni 1535 eingenommen.

Die obersten Täufer wurden für ihre Abtrünnigkeit zu Tode gefoltert. Am 22. Januar 1536 wurden Jan van Leiden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling auf dem Prinzipalmarkt mit glühenden Zangen gerissen und schließlich erdolcht.

Ihre Leichen wurden in, eigentlich für den Gefangenentransport bestimmten, eisernen Körben an den Turm der Lambertikirche aufgehängt.

Es sind immer noch die Originalkörbe, die dort am Turm hängen.

St. Lamberti

St. Lamberti mit Prinzipalmarkt

Vom Turm der Kirche bläst einer der letzten Türmer Europas nachts die Stunden.


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6 Antworten zu 24 Wochen – 24 Uhren / Tick -Tack 6

  1. do sagt:

    Das Zifferblatt dieser Uhr ist transparent. Diese Turmuhren gefallen mir besonders gut. Und die Hintergrundsgeschichte zu den drei Körben ist zwar ein bisschen gruselig, aber so war es eben. Schön, dass du jeweils auch geschichtliche Informationen mitlieferst – total interessant.
    Herzlich, do

    • Agnes sagt:

      Ich mag diese alten Uhren mit den römischen Zahlen auch sehr gerne, sie wirken erhabener, vor allem wenn man sie mit einer digitalen Uhranzeige vergleicht.
      Die Tötung der Wiedertäufer, und das anschließende Aufhängen am Kirchturm von St. Lamberti ma ein wenig gruselig klingen, aber die Vorgeschichte, was diese „Herren“ sich in Münster erlaubt haben, ist noch viel grausamer.

  2. Anette sagt:

    Als ich die Käfige sah wusste ich sofort, in welcher Stadt du fotografiert hast ;-) …
    Die Geschichte dazu hab ich im Heimatkundeunterricht (ich war damals in Bochum in der Schule) gehört.
    Wie? Nachts werden die Stunden geblasen? ist das nicht recht laut für die Anwohner?
    Danke fürs Zeigen und für die Geschichten drum rum, liebe Grüße, Anette

    • Agnes sagt:

      Anette das ist nicht sehr laug, wenn der Türmer die Stunden bläst.
      Wir haben mal unten vor St. Lamberti gestanden und gewartet, und hätten es beinahe nicht gehört, so leise war das.
      Wenn mein Sohn das nicht gewußt hätte, wären wir weitergegangen und hätten es nicht wahrgenommen.
      Außerdem bläst er auch nur von 21.00 bis 24.00 Uhr halbstündlich auf seinem Horn.
      Wenn es Dich interessiert, hier ist ein Bericht über den Türmer.
      Interessant ist auch, dass er schon häufig schneller als moderne Feuermelder einen Brand entdeckt hat.

  3. aNette sagt:

    Diese drei Käfige habe ich schon als Kind ehrfurchtsvoll und auch ein wenig ängstlich bestaunt. Weniger ängstlich aber genauso ehrfurchtsvoll bestaune ich nun deine Fotos. Auch diese Uhr ist natürlich wieder ein echter Hingucker. :coffee: lg aNette

  4. uli b sagt:

    …hast du ganz prima präsentiert, agnes
    …gruß uli

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