Ich hatte vor zwei Jahren spontan nach der Lektüre der hiesigen Tageszeitung einen Leserbrief für unsere Zeitung geschrieben, den ich dann aber doch nicht hingeschickt habe.
Der Text paßt allerdings so gut zum „Internationaler Tag der Muttersprache“ (siehe Artikel gestern) — hier ist er:
Da lese ich heute in der EV, dass Margot Käßmann sich gegen Vorwürfe wandte, dass Ausländer kein Deutsch sprechen ….
Ich nahm es ohne weitere Gedanken zur Kenntnis, aber ein paar Seiten weiter las ich dann, ebenfalls in dieser Zeitung, dass die Senioren sich an einer „Showtanzformation“ erfreuten.
Als nächstes fand ich den Ausdruck „Fair-Trade-Fabrik“ und gewissermaßen als Höhepunkt (am gleichen Tag in gleicher Zeitung) dass die Pfarrgemeinde einen „Outdoor Gottesdienst“ feiert.
Ich grübelte einen Moment und dachte, wofür sollen denn Ausländer überhaupt Deutsch sprechen bzw. es erlernen, wir sprechen doch selber kaum noch Deutsch.
Bei uns in Deutschland findet in Firmen ein „Meeting“ statt, wo die Teilnehmer zum „Brainstorming“ aufgerufen werden und anschließend ein „Feedback“ abzugeben haben, der „Workflow“ muss auf jeden Fall eingehalten werden.
Nachdem die „Allroundlösung“ durch den „Key-Account-Manager“ gefunden wurde, die „Performance“ festgestellt wurde und — falls noch „Ressourcen“ frei sind, trifft man sich im Anschluss, aber nicht „overdressed“, zu einem „Event“ (eine „After-Work-Party“ oder ein „Barbecue“) am „Meeting Point“ oder einer adäquaten „Location“.
Das endet eh alles mit dem „Burn-Out-Syndrom“ (das Wort ist ja neuerdings groß in Mode), weil so viel „Mobbing“ betrieben wird.
Das mal als spontanes „Brainstorming“ meinerseits.
Wir benutzen tagtäglich Wörter, die hätte meine Großmutter niemals verstanden.
Schauen wir uns in der Wohnung einer deutschen Familie um:
- Im Kinderzimmer die „Playstation“ und der „mp3 Player“, der „Walkman“ (oder ist der „out“?) evtl. noch ein paar „Alien“.
- Im Bad „Shampoo“, „Bodylotion“, „Spray“, die „Day- oder Nightcreme“, oder noch besser die „Antiage-Creme“. Der „Whirlpool“ (wer sich’s leisten kann).
- In der Küche „fast Food products“, ein „Sandwichbrot“ zum „toasten“, im Kühlschrank „Cream“ und „Juice“ und „Icecream“. Und für die Spülmaschine den „Cleaner“.
- Im Wohnzimmer ein „Image Viewer“ mit „Audio Surround sound“ und „Widescreen“ und der „Receiver“, Bücherschränke brauchen wir nicht mehr, Bücher werden als „E-Book“ auf dem „E-Book Reader“ gelesen — wie gut, dass das gute alte Sofa noch Sofa heißt.
- Im Schlafzimmer, im Schrank das „T-Shirt“ und das „Sweatshirt“ und die „Jeans“ (seit Jahrzehnten bereits eingedeutscht). Hauptsache sie hat das richtige „Label“.
Die Kinder haben einen „Skateboarder“, die Eltern sind „Nordic Walker“. Früher ging man zum Turnverein, heut macht man „Bodybuilding“. Die Tochter, ein „Eye-Catcher“, möchte ja schließlich „Cheerleader“ werden. Das „Image“ muss stimmen denn niemand will ein „Loser“ sein.
Wir Deutsche essen beim „Burger King“ den „Whopper“ mit „Cheese and Bacon“ (Käse & Speck ist out). Oder wir gehen „brunchen“.
Raucher haben sich in der „Smoking Area“ aufzuhalten.
Wenn wir keinen Parkplatz finden machen wir „Park and ride“, wir eilen zum „Discounter“, gehen kurz in den „Coffeeshop“, nehmen einen „Coffee to go“ mit, um dann „at home“ „Home office“ zu betreiben. Wichtig ist, dass die „To-Do-Liste“ abgearbeitet wird, anschießend „chillen“ wir dann.
„Learning by doyng“ ist angesagt.
Wir machen „Onlinebanking“ und kaufen „online“ ein, gehen zum „Hairdresser“ in die „City“ und lassen die Haare „cuten“ und „stylen“, haben ein „Notebook“ und eine „Webcam“, Begriffe wie „download“ und „upload“ gehören zum täglichen Sprachgebrauch, am Feierabend fahren wir mit dem „Mountainbike“ oder dem „E-Bike“.
Oder ziehen die „Outdoor footwear“ an und wandern, das richtige „Outfit“ ist wichtig.
Das gute alte Buch hat ausgedient, im Bücherregal steht heute ein „E-Book Reader“ (nur einer :haha: der Rest des Regals ist frei für „electrical appliances“).
Ein „Date“ zum „Photoshooting“ wird auch immer wieder gerne gemacht, falls man über das richtige „Equipment“ verfügt.
Wir schreiben uns „E-Mails“ oder eine „Message“, und das Auto kaufen wir nicht mehr, „Leasing“ ist in, und den Wagen stellen wir ins „Carport“. Man liebt den „American way of life“.
Ist etwas defekt gibt es die „Hotline“, oder den „Powerservice“, oft erreicht man dann nur das „Callcenter“. Wichtig dabei ist der „Freecall Tarif“.
Der Bundespräsident (der Papst auch) hat keinen Leibwächter mehr, das ist ein „Bodyguard“, und seinen Gästen spendiert er (der Bundespräsident, nicht der Papst – oder der auch? :haha: ) „Drinks“ und „Appetizer“ oder einen „Snack“, alles bestellt beim „Catering“, bevor er zur Tagesordnung, nein zur „Agenda“ über geht.
Wir gebrauchen keine Fahrkarte, oder Eintrittskarte oder Parkschein mehr, das sind heute alles „Tickets“. Abends hören wir die „News“ der „Rating-Agenturen“ oder schauen eine „Talkshow“ oder einen „Thriller“ an.
Für den Urlaub suchen wir die günstigste „Airline“ für einen „Charterflug“, („Bodyscanning“ ist ja zum Glück wieder eingestellt) und buchen „all inclusive“ am besten „Last minute“ und freuen uns auf die „Beach party“. Wenn wir Pech haben wird der Flug allerdings „gecancelt“.
Ganz „trendy“ sind die englischen Wörter, die inzwischen halb eingedeutscht werden, wie „gecancelt, gecrasht, geupdatet, gedownloadet oder downgeloadet“.
Oder gehen ins „Backpacker resort“, beliebt ist auch „Survival-Holiday“. Wir machen eine „Sightseeing-Tour“, betreiben „Smalltalk“, „simsen“ den Freunden etwas.
Manchmal endet der Urlaub auch als „Horrortrip“, und wir jammern wegen „Jet-lag“ am „day after“.
Man ist „cool“ und hat ein Handy (dabei ist das gar nicht englisch) oder ein „Smartphone“, hört die „Voicebox“ ab und bekommt irgendwann eine „Midlife crisis“.
Unsere Kinder feiern „Halloween“, wissen aber nicht mehr was Lamberti ist, und neuerdings heißt es „X-Mas“, nicht Weihnachten.
Und ganz toll ist „outsourcing“, total „cooles“ Wort, das „Highlight“ überhaupt, vor allem wenn man einen Dienst „geoutsourct“ hat :totlach: (Für mich seit Jahren das Unwort schlechthin)
Frage:
Sollen Ausländer nicht besser die englische Sprache erlernen, die deutsche ist doch eh „out“?
Passende Abschlußworte, bei „English for Runaways“ gelesen, „I break together“ und „I wish you what“!!